Mindestlohn
Zum Beschluss der Mindestlohnkommission schreibt der Hauptgeschäftsführer der BDA, Steffen Kampeter:
„Der Beschluss der Mindestlohnkommission zu einer Anhebung des Mindestlohns auf
12,41 Euro zum 1. Januar 2024 und 12,82 Euro zum 1. Januar 2025 wurde erstmals seit Bestehen der Kommission leider nicht im Einvernehmen getroffen.
Uns Arbeitgeber ist dieser Beschluss schwergefallen. Die Betriebe stehen unter Stress.
Wichtig ist es aber die generelle Diskussion über den Mindestlohn aufzugreifen. Da gibt es eine Reihe von Missverständnissen und vorsätzlichen Fehldarstellungen.
- Die Kommission macht keine Tarifpolitik, sie bildet die Tarifentwicklung nachlaufend ab. Das ist der gesetzliche Auftrag, an den wir uns bei allen Entscheidungen halten. Die Kommission hat sich dabei nie allein an der Tarifentwicklung orientiert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung immer auch andere Aspekte wie die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, den Schutz der Beschäftigten und Sicherung von Arbeitsplätzen berücksichtigt.
- Weit weg von den Tatsachen ist, dass die gesetzlichen Vorgaben für die Arbeit der Mindestlohnkommission durch die EU-Mindestlohnrichtlinie verändert wurden. Das Gegenteil ist richtig. Die Bundesregierung hat ausdrücklich bestätigt, dass aus der Beschlussfassung der EU keine Rechtsänderung für das deutsche Mindestlohngesetz folgt.
- Falsch ist, dass die Mindestlohnkommission vorrangig die Inflation ausgleichen muss. In Tarifverhandlungen wird unter Berücksichtigung der Produktivitäts- und wirtschaftlichen Entwicklung eine Gesamtschau vorgenommen darunter auch die Inflation. Darüber hinaus haben zahlreiche staatliche Hilfsmaßnahmen gerade für niedrige Einkommen Kompensation geleistet, die weit über mögliche Anpassungen beim Mindestlohn hinausgehen. Einen inflationsindexierten Mindestlohn lehnen wir aus guten Gründen, z. B. wegen erheblicher Risiken für Tarifautonomie und Wettbewerbsfähigkeit, ab.
- Es ist irreführend, dass der Mindestlohn ein Instrument der Armutsbekämpfung für prekäre Lebenssituationen sein kann. Dafür haben wir in Deutschland ein umfassendes sozialstaatliches Instrumentarium. Der Mindestlohn ist kein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern eine nach rechtlichen Vorgaben geregelte Lohnuntergrenze für Arbeit. Die am meisten von Armut bedrohten Menschen sind Arbeitslose und Personen ohne Berufs- oder Schulbildung. An diesen individuellen Lebenssituationen muss Armutsbekämpfung ansetzen. Der Mindestlohn kann das nicht leisten es gibt zielführendere Instrumente.
- Die Kritik, die Kommission habe ihre Arbeit nicht gemacht, ist populistisch. Die Anpassung des Mindestlohns erfolgt nach sachlichen, gesetzlich vorgegebenen Kriterien und garantiert so eine angemessene Entscheidung der Mindestlohnkommission. Es gehört zu Diskussionen und Konflikten, dass man unterschiedliche Sichtweisen hat. Daraus aber abzuleiten, dass falsch entschieden worden ist, ist ein politisches Werturteil und keinesfalls eine sachgerechte und faktenbasierte Kritik.
- Unbegründet ist schlussendlich, dass der Mindestlohn zu langsam steigt. Das entspricht nicht den Tatsachen: Vergleicht man die Tariflohnentwicklung im privaten sowie öffentlichen Sektor, zeigt sich, dass sich der Mindestlohn im Zeitlauf wesentlich dynamischer entwickelt hat. Seit seiner Einführung 2015 ist er um über 40 % und damit etwa doppelt so stark wie die Tarifverdienste gestiegen.“